Nur für den Fall, dass jemanden die Begründung interessiert:
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 26.06.2008 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
werden konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, eine übermäßige Vorratsdatenspeicherung der TK-
Verbindungsdaten mit dem Ziel, organisierte Kriminalität und Terrorismus zu verhü-
ten bzw. zu bekämpfen, nicht durchzuführen, da diese keinen praktischen Erfolg ver-
spräche.
Zur Erläuterung der Petition wird ausgeführt, gerade im Bereich der Internetkommu-
nikation sei es ohne weiteres möglich, durch oft sogar kostenlos zu erhaltende Pro-
gramme seine Anonymität im Internet zu wahren. So könne verhindert werden, dass
sich Daten auf die zu ermittelnde Person zurückführen ließen. Außerdem sei durch
die Vielzahl an Verschlüsselungsmöglichkeiten ein Zugriff auf die erwünschten Daten
praktisch nicht möglich. Durch die Vorratsdatenspeicherung werde somit ohne prak-
tischen Nutzen das Geld der Bürger leichtfertig ausgegeben. Besonders kleinere
Provider würden aufgrund der Verpflichtung zur Speicherung von Daten durch die
zusätzlichen Kosten erheblich wirtschaftlich belastet.
Die Petition wurde als öffentliche Petition im Internet veröffentlicht und von 12.560
Unterzeichnern unterstützt. Es wurden 228 gültige Kommentare abgegeben.
Zu der Thematik sind außerdem eine Reihe sachgleicher Petitionen beim Petitions-
ausschuss eingegangen, die aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam bera-
ten werden. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf jeden einzelnen Ge-
sichtspunkt gesondert eingegangen werden kann.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Berücksichtigung einer
zu dem Vorbringen eingeholten Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz
wie folgt zusammenfassen:
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben gemäß Artikel 3 Abs. 1 der
„Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März
2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zu-
gänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikations-
netze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG“
(Richtlinie) dafür Sorge zu tragen, dass die in Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe a bis f der
Richtlinie im Einzelnen aufgeführten Datenarten, soweit sie im Zuge der Bereitstel-
lung der betreffenden Kommunikationsdienste von Anbietern öffentlich zugänglicher
elektronischer Kommunikationsdienste oder Betreibern eines öffentlichen Kommuni-
kationsnetzes erzeugt oder verarbeitet werden, gemäß den Bestimmungen der
Richtlinie auf Vorrat gespeichert werden.
Der Bundestag hat am 9. November 2007 das „Gesetz zur Neuregelung der Tele-
kommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie
zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG“ beschlossen. In der Gesetzesbegründung
(Bundestags-Drucksache 16/5846) ist ausdrücklich vorgesehen, auch die Anbieter
öffentlicher Anonymisierungsdienste zur Speicherung der entsprechenden Daten zu
verpflichten. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass auch, wer einen sog. Ano-
nymisierungsdienst betreibt und hierbei die Ausgangskennung des Telekommunika-
tionsnutzers durch eine andere ersetzt, einen Telekommunikationsdienst für die Öf-
fentlichkeit im Sinne des § 3 Nr. 24 Telekommunikationsgesetz (TKG) betreibe und
damit den Verpflichtungen zur verdachtsunabhängigen Speicherung von Verbin-
dungsdaten für sechs Monate unterliegt.
Aus Sicht des Petitionsausschusses wird damit den in der Petition geäußerten Be-
denken Rechnung getragen. Wenn auch die Anonymisierungsdienste zur Speiche-
rung der Daten verpflichtet sind, dann kann die in der Petition befürchtete Situation
nicht auftreten, dass gerade die Teilnehmer an der Telekommunikation, die ein Inte-
resse daran haben, dass ihre Kommunikation insbesondere den Strafverfolgungsbe-
hörden nicht bekannt wird, Vorkehrungen treffen können, damit ihre Daten nicht ihrer
Person zugeordnet werden können.
Soweit sich die Petition gegen die Erfassung von Kommunikationsinhalten richtet,
weil auch diese durch vielfältige technische Möglichkeiten einem Zugriff entzogen
werden könnten, ist darauf hinzuweisen, dass die Erfassung von Kommunikationsin-
halten gemäß Artikel 1 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie ausdrücklich nicht Gegenstand
der Richtlinie ist. Auch diese Regelung wurde im nationalen Gesetzesrecht durch die
Einfügung des § 113 a Abs. 8 Telekommunikationsgesetz berücksichtigt. Damit soll
sichergestellt werden, dass keinerlei Daten, die Aufschluss über den Inhalt einer
Kommunikation geben können, auf Vorrat gespeichert werden.
Zu den nach den neuen Regelungen zu speichernden Daten im Rahmen der Kom-
munikation über Internet, E-Mail und Internet-Telefonie gehören insbesondere die
– dynamisch oder statisch zugewiesenen – Internetprotokoll-Adressen (IP-Adressen),
Datum und Uhrzeit der An- und Abmeldung beim jeweiligen Dienstanbieter sowie bei
Email-Nutzung die Email-Adresse und Benutzerkennung des Absenders sowie die
Email-Adresse des Empfängers der übermittelten Nachricht.
Überdies beabsichtigt die Europäische Kommission gemäß Erwägungsgrund 14
Satz 2 der Richtlinie die Einsetzung einer u. a. aus Vertretern der Strafverfolgungs-
behörden der Mitgliedstaaten und der Verbände der Branche für elektronische Kom-
munikation bestehenden Arbeitsgruppe, um sich beraten zu lassen und den Aus-
tausch von Erfahrungen mit bewährten Praktiken in diesen Fragen zu fördern. Es ist
zu erwarten, dass diese Arbeitsgruppe künftig kontinuierlich Lösungen für besondere
technische Fragestellungen und praktikable Vorgehensweisen erarbeiten wird.
Soweit der Petent rügt, dass die gesetzlichen Regelungen aufgrund vielfältiger, zu-
meist kostenfrei angebotener Möglichkeiten, anonym im Internet zu kommunizieren,
nicht geeignet seien, das erstrebte Ziel zu erreichen, ist durch die Einbeziehung sol-
cher Dienste in die Verpflichtung zur verdachtsunabhängigen Speicherung von Ver-
bindungsdaten, entsprochen worden.
Der Petitionsausschuss hält die Vorratsdatenspeicherung für einen wichtigen Beitrag
zur Gewährleistung einer wirksamen Strafverfolgung. Zur Erfüllung dieses verfas-
sungsrechtlichen Auftrags leistet die gesicherte Verfügbarkeit der umfassenden
Nutzerspuren für die Ermittler einen wichtigen, in einigen Deliktsbereichen wie der
Aufklärung komplexer Täterstrukturen und bei mittels Telekommunikation begange-
ner Straftaten unverzichtbaren Beitrag. Deshalb kann er die weitergehenden Anlie-
gen des Petenten nicht unterstützen. Er empfiehlt, das Petitionsverfahren abzu-
schließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist.
Der von der Fraktion der FDP und der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu
überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben,
ist mehrheitlich abgelehnt worden.
Quelle:
http://www.bundestag.de/ausschuesse/a02/uebersicht_abgeschlossen/BGR_16-00237.pdf